Schwerpunkt Sicherheit – Absturzunfälle bei Arbeiten auf Flachdächern

Beim Betreten von Flachdächern kommt es jedes Jahr zu schweren und tödlichen Absturzunfällen. Meist stürzen die Betroffenen durch nicht tragfähige Dachflächen wie Wellplatten, Lichtkuppeln oder -bänder und Glasflächen. In der Branche Glas und Keramik stürzten in den letzten beiden Jahren zwei Beschäftigte durch ein Flachdach mit tödlichen Folgen.

Bei Richtarbeiten, im Gerüstbau, bei Arbeiten auf Leitern und hoch gelegenen Arbeitsplätzen stürzen jedes Jahr Tausende Beschäftigte in die Tiefe. Nach den Statistiken der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) zum Arbeitsunfallgeschehen ereigneten sich im Jahr 2017 rund 25.000 Absturzunfälle bei Arbeiten auf hoch gelegenen baulichen Einrichtungen. In knapp der Hälfte der Fälle stürtzten Beschäftigte von Leitern oder Tritten (11.835 Fälle im Jahr 2017), in etwa einem Drittel von Treppen (7.544 Fälle), gefolgt von Gerüsten (1.797 Fälle) und Dächern (737 Fälle). Viele Todesfälle (44 Fälle im Jahr 2017) ereignen sich bei Arbeiten auf Dächern oder damit verbundenen baulichen Einrichtungen (Leiter, Gerüst). Bei den Unfällen ist ein gemeinsames Muster erkennbar, egal ob die Tätigkeiten spontan oder als geplante Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten durchgeführt werden. 

Sturz aus neun Metern Höhe

In einer Produktionshalle wurde im vergangenen Jahr während eines Starkregens festgestellt, dass die Dachkonstruktion undicht war. Ein Beschäftigter sollte daraufhin die kaputte Stelle suchen und die Leckage abdichten. Hierzu stieg er über eine Treppe und eine allgemein zugängliche Tür auf das Flachdach. Im Bereich der vermuteten Leckagestelle waren nicht durchtrittsichere Lichtbänder verlegt. Als er diese betrat, brach er durchs Dach, stürzte neun Meter in die Tiefe und schlug auf dem Betonboden der Produktionshalle auf. In der Folge verstarb der Verunfallte an den schweren Verletzungen. 

Sturz aus 15 Metern Höhe

In einem ähnlich gelagerten Fall wurde der Beschäftigte vom Unternehmer beauftragt, das undichte Dach des Lagergebäudes zu reparieren. Dazu sollte in 15 Metern Höhe ein Lichtband ausgetauscht werden. Hierzu stieg er über eine frei zugängliche Treppe und Leitern auf das Dach. Nach Durchführung der Reparaturarbeiten trat der Beschäftigte auf ein anderes nicht durchtrittsicheres Lichtband, stürzte in die Tiefe und verstarb noch an der Unfallstelle. Das Dach bestand aus nicht tragfähigen Wellasbestzementplatten und Lichtbändern. 

Die Unfalluntersuchungen zeigen, dass weder gesicherte Zugänge, eine Absturzsicherung und geeignete Verkehrswege noch geeignete Anschlagschlagpunkte und eine entsprechende Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) nicht vorhanden waren.

Schutzmaßnahmen zum sicheren Arbeiten im Bereich von Öffnungen und Lichtkuppeln auf Flachdächern

Gefährdungen ermitteln

Um Absturzunfälle wie diese zu vermeiden, müssen vor dem Betreten eines Flachdachs mögliche Gefährdungen ermittelt und beurteilt werden. Hier spielt es keine Rolle, ob das Dach regelmäßig betreten wird, zum Beispiel zu wiederkehrenden Wartungsarbeiten, oder nur im Ausnahmefall, etwa zur Störungsbeseitigung. Bei Neu- oder Umbauten müssen diese Überlegungen bereits im Zuge der Planung berücksichtigt und baulich umgesetzt werden. Bei Bestandsgebäuden sind oftmals nachträgliche Schutzmaßnahmen notwendig, um ein sicheres Arbeiten zu ermöglichen.

Technische Schutzmassnahmen

Geländer gibt es in verschiedenen Ausführungen. Klappbare Umwehrungen können bspw. auch architektonische Belange hinsichtlich der Fassadenansicht berücksichtigen. Diese können sowohl fest montiert als auch mittels Ballast fixiert werden.

Bei einem Abstand von mindestens zwei Metern zwischen der Absturzkante und dem Verkehrsweg ist eine Sicherung durch Ketten oder Seile möglich. Bestehende Lichtkuppeln und Lichtbänder lassen sich sowohl mit Geländern als auch mit durchtrittsicheren Überdeckungen oder Unterspannungen nachrüsten. Je nach Ausführung kann neben der Durchtritt- auch gleichzeitig eine Einbruchsicherung erfolgen. Öffnungen auf Dächern lassen sich mit Auffangnetzen und zum Beispiel mit unverrückbaren Holzbohlen absichern.

Verkehrswege auf Flachdächern müssen sicher begehbar und zum nicht trittsicheren Bereich oder zur Absturzkante hin abgegrenzt sein. Dies ist zum Beispiel auf Laufstegen der Fall, die

  • den zu erwartenden Lasten (Beschäftigten, Werkzeug und weiterem Material) sicher standhalten,
  • mindestens 50 Zentimeter Breite und
  • ein beidseitiges Geländer aufweisen.

Zugänge sichern und kennzeichnen

Ist eine Absturzgefahr durch technische Schutzmaßnahmen nicht auszuschließen, muss sichergestellt werden, dass nur unterwiesene Personen Zugang zum Flachdach haben. Zugänge zu nicht durchtrittsicheren Dächern, zum Beispiel aus nicht tragfähigen Wellplatten und Lichtbändern, müssen verschlossen sein und dürfen nur von besonders unterwiesenen und beauftragten Personen geöffnet werden können. Die Unterweisung ist möglichst vor Ort durchzuführen. Der Zugang zum Flachdach ist zum Beispiel mit dem Hinweis „Dach nur auf Laufstegen benutzen“ zu kennzeichnen.

Persönliche Schutzausrüstung

Nur wenn sich keine kollektiven Schutzmaßnahmen wie Geländer oder Abdeckung umsetzen lassen, können individuelle Schutzmaßnahmen verwendet werden. Voraussetzung für die Verwendung der PSAgA ist das Vorhandensein geeigneter Anschlageinrichtungen, zum Beispiel Sekuranten. Diese müssen bei einem Benutzer eine Stoßkraft von 7,5 kN aufnehmen können. Die Beschäftigten müssen zudem hinsichtlich der richtigen Verwendung der PSAgA und der von Hängetraumen ausgehenden Gefahren praktisch unterwiesen sein und es muss ein Rettungskonzept vorhanden sein.

Artikel teilen