Die Be- und Verarbeitung von Flachglas birgt ein hohes Unfallpotenzial: Obwohl die Unternehmen nur fünf Prozent der Branche Glas und Keramik ausmachen, meldet die
Teilbranche ein Fünftel aller Arbeitsunfälle. Ein Großteil lässt sich durch gezielte Präventionsarbeit vermeiden.
Ein Außendienstmonteur wurde im Jahr 2017 durch kippende Glasscheiben tödlich verletzt. Das Einscheiben-Sicherheitsglas (ESG) war im Lager lediglich an die Wände gelehnt. Aufgrund beengter Platzverhältnisse stieß der Verunfallte vermutlich beim Sortieren mit dem Fuß an die Scheiben, sodass diese ins Kippen gerieten. Unter der Last von 200 Kilogramm Glas wurde der Mann zwischen den gekippten Scheiben und der Wand eingequetscht.
Aufgrund des hohen Unfallaufkommens wurden im Rahmen der von der VBG initiierten „Aktion für mehr Sicherheit“ in den letzten drei Jahren knapp zwei Drittel der Unternehmen, die Flachglas be- und verarbeiten, von den VBG-Aufsichtspersonen besichtigt und zu den Gefährdungen beziehungsweise Maßnahmen beraten. Zu Beginn der Aktion wiesen mehr als die Hälfte der wiederholt besichtigten Firmen keine geeignete Arbeitsschutzorganisation auf. Damals wurde insbesondere deutlich, dass Verantwortungs- und Aufgabenbereiche der Führungskräfte nicht ausreichend festgelegt wurden und dass Unternehmer und Führungskräfte die Einhaltung der Arbeitsschutzpflichten nicht systematisch überwachten. Die Aufsichtspersonen stellten häufig fest, dass Gefährdungsbeurteilungen nicht aktuell waren und die Wirksamkeit der getroffenen Schutzmaßnahmen nicht überprüft wurde.
Neben fehlenden Glaslagereinrichtungen stellen bewegte Transportmittel, zugestellte Verkehrswege, ungeeignete Transport- und Anschlagmittel sowie fehlende Vorrichtungen zur Ladungs- und Kippsicherung weitere typische Gefährdungsschwerpunkte beim Transport dar. Die Handhabung schweren und scharfkantigen Glases, fliegende Glasbruchstücke, ungeschützt bewegte Maschinenteile sowie die Manipulation an Schutzeinrichtungen, Lärm und Tätigkeiten mit Gefahrstoffen sind zusätzliche Gefährdungsfaktoren bei der Herstellung von ESG, Verbundscheibenglas (VSG) und Isolierglas (ISO-Glas). Dreh- und Angelpunkt für den sicheren innerbetrieblichen Transport sind sicher benutzbare Flachglasgestelle. Flachglastransportgestelle und die dazugehörigen Vorrichtungen zur Ladungssicherung sind vor jeder Benutzung von den Beschäftigten und regelmäßig durch eine befähigte Person zu prüfen.
Überstand bei Transport
Maximal zulässiger Glasscheibenüberstand
Vor dem Beladen
- Prüfen, ob das Transportgestell sicher beladen werden kann:
- Sichtkontrolle: Gibt es Schäden oder fehlt die Prüfplakette? Hinweis: Beschädigte Gestelle (verbogene Streben, gelöste Schweißverbindungen, kippelnde Gestelle) sind zu kennzeichnen und bis zur fachgerechten Instandsetzung aus dem Verkehr zu ziehen (besonderer Abstellplatz und Dokumentation).
- Sind die unteren Glasauflagen gegen Verrutschen der Glasscheiben gesichert? Sind zum Beispiel geeignete Hartgummi- oder Hartholzauflagen vorhanden?
- Stehen die Auflagen nicht über und sind sie fest mit dem Gestell verbunden?
- Sind die Gestelle mit Vorrichtungen zur Ladungssicherung ausgerüstet? Gibt es zum Beispiel Spanngurte mit ABS-Ratsche, Spannlatten, Rungen, Klemmen?
Nach dem Beladen
- Prüfen, ob das Transportgestell sicher transportiert werden kann:
- Wurde nach Beendigung der Beladung die Ladungssicherung anlegt?
- Ist das maximale Lastgewicht größer als die maximale Beladung? Auswahl des Gestells in Abhängigkeit des Lastgewichtes und der Glasabmessung – Tragfähigkeit nicht überschreiten!
- Sind die Gestelle gleichmäßig beladen? Hinweis: Beim Entladen die Ladungssicherung erst entfernen, wenn das Gestell sicher und eben abgestellt ist (Feststellbremse, Unterlegkeile) und die Ladung unbeschädigt ist. Beim Öffnen der Ladungssicherung darauf achten, dass das Glas sicher am Gestell anliegt.
So schwer ist Glas
Glasgewicht (kg/m2) für Flachglas
- Sind die Fußböden eben, tragfähig und frei von Verunreinigungen/herumliegenden Gegenständen? (Bautoleranzen ± fünf
Millimeter pro laufendem Meter; Unebenheiten sind auszugleichen; Bodenbeschaffenheit regelmäßig überprüfen; herumliegende Gegenstände entfernen; auf Schacht- und Kanalabdeckungen sowie Wasserabflussrinnen achten). - Sind die Abstellplätze und Fahrbahnen ausreichend breit angelegt und deutlich markiert?
- In einer Stichprobenkontrolle ist der Neigungswinkel zwischen aufgestelltem Glas und senkrechter Achse des Gestells zu prüfen. Dieser sollte vier bis sechs Grad betragen. Stehen Messgeräte zur Bestimmung der Glasneigung auf den Gestellen bereit – zum Beispiel Neigungslehren?
Flachglastransportgestelle und die dazugehörigen Vorrichtungen zur Ladungssicherung sind vor jeder Benutzung von den Beschäftigten und regelmäßig durch eine befähigte Person zu prüfen
Regelmäßige Prüfung
- Gestelle, einschließlich Vorrichtungen zur Ladungssicherung, regelmäßig prüfen
- Prüfzeitraum in Abhängigkeit vom Einsatzzweck festlegen (zum Beispiel auf Baustellen, nur innerbetrieblich oder kranbare Gestelle)
- Prüfung zum Beispiel durch Belastungsprobe mit Lastgewicht; Ermittlung von Roststellen, Rissprüfung durch Farbeindringprüfung
- Schäden und Reparaturen dokumentieren
- In einer Kontrolle auf einem definierten Messplatz den Neigungswinkel (vier bis sechs Grad) zwischen Anlagefläche und senkrechter Achse des Gestelles prüfen
Qualifikation des Prüfers
- Es handelt sich um Tätigkeiten, die ein Facharbeiter oder Geselle mit mechanischer Ausbildung (zum Beispiel Instandhalter, Schlosser) erbringen kann.
- Es ist vor der Beauftragung zu prüfen, ob die Person durch ihre Berufsausbildung, ihre Berufserfahrung und ihre zeitnahe berufliche Tätigkeit über die genannten erforderlichen Kenntnisse zur Prüfung der Flachglastransportgestelle verfügt. Zur zeitnahen beruflichen Tätigkeit gehört die Durchführung mehrerer Prüfungen pro Jahr (Erhalt der Prüfpraxis).
- Bei längerer Unterbrechung der Prüftätigkeit müssen durch die Teilnahme an Prüfungen Dritter (zum Beispiel beim Gestellhersteller) erneut Erfahrungen mit Prüfungen gesammelt und die notwendigen fachlichen Kenntnisse erneuert werden.
Geeignete Persönliche Schutzausrüstung vorhanden?
Zwei Drittel sind Schnitt- und Stichverletzungen
- 51 % Hand mit Handgelenk
- 13 % Unterarm mit Ellenbogen
- 10 % Unterschenkel mit Knie
Drei Tipps vom Experten
Mit einer Prämie belohnt die VBG Arbeitsschutzmaßnahmen mit 20 bis 40 Prozent der Investitionssumme. Bei der Flachglasverarbeitung sind diese Punkte besonders interessant:
1. Technische Maßnahmen
- Sicherheitskranhaken für das Kranen von Flachglastransportgestellen
- Spotleuchten an Flurförderzeugen
- Geräte zur passiven und aktiven Sichtfeldverbesserung an Radladern
2. Unterstützung durch externe Dienstleister
- Verringerung physischer und/oder psychischer Belastungen
- Raucherentwöhnung bei Gefahrstoffexposition
- Optimierung der Ernährungsgewohnheiten bei Hitzearbeit und Schichtarbeit
3. Persönliche Schutzausrüstung
- Schnitthemmende Langarmshirts und Hosen
- Otoplastike
- Korrektionsschutzbrillen
Der Prämienantrag muss bis spätestens 11.02.2019 bei der VBG eingegangen sein.