Giftiges Schwermetall – Arbeiten mit bleihaltigen Stoffen

Blei ist aufgrund seiner leichten Verformbarkeit und seines niedrigen Schmelzpunkts eines der am längsten verwendeten Metalle überhaupt. Bereits in der Bronzezeit wurde es zusammen mit Kupfer in Legierungen verwendet. In der Branche Glas und Keramik wird Blei auch heute noch auf vielfältige Weise eingesetzt. Allerdings sind beim Umgang mit dem giftigen Schwermetall und seinen Verbindungen besondere Schutzmaßnahmen zu treffen, da es sich im Körper anreichern und Organe schädigen kann. 

Dass Blei gesundheitsschädlich ist, vermuteten bereits die Ingenieure in der Antike. So hielt etwa der römische Architekt und Autor Vitruv schon im ersten Jahrhundert vor Christus die Verwendung von Blei bei Trinkwasserrohren für bedenklich. Obwohl diese Sorgen völlig berechtigt waren, wurden auch in Deutschland noch bis 1973 Bleileitungen für Trinkwasserinstallationen verbaut. Mittlerweile ist erwiesen, dass selbst geringe Mengen an Blei die Gesundheit erheblich belasten können. Gelangt es in den Körper, kann das giftige Schwermetall Blut, Nerven und Nieren schädigen, da es die Sauerstoffversorgung der Körperzellen stört. In erster Linie wirkt Blei chronisch schädigend. Akute Vergiftungen sind sehr selten. Allerdings schädigt es bei Schwangeren das Kind im Mutterleib und kann bei Männern und Frauen die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. 

In der keramischen und Glas-Industrie ist eine Einwirkung von Blei und seinen Verbindungen bei der Herstellung, Be- und Verarbeitung von Bleikristallglas, optischen Gläsern, Bleiverglasungen, technischer Keramik für elektronische Anwendungen und bleihaltigen Glasuren, Malfarben, Siebdruckpasten, Beschichtungs- und Anstrichstoffen anzunehmen.

Einatmen oder verschlucken

Eine blonde Frau in einem weißen Arbeitskittel sitzt an einem Arbeitstisch und trägt bleihaltige Farbpasten auf ein Bleiglasfenster.
Eine Restauratorin trägt bleihaltige Farbpasten bei mittelalterlichen Glasmalereien auf.

Blei und seine Verbindungen werden meist in Form von Schwebstoffen oder Dämpfen über die Atemwege aufgenommen. Wesentlich ist auch die Möglichkeit der oralen Aufnahme über den Mund und den Magen-Darm-Trakt infolge mangelnder persönlicher Hygiene am Arbeitsplatz oder durch Verschlucken. So kann Blei durch die Berührung von Werkstücken oder unsauberen Oberflächen zum Beispiel beim Essen oder Rauchen in den Mund gelangen. Auch bei sehr niedrigen Konzentrationen in der Luft kommt es daher häufig vor, dass bei einzelnen Personen erhöhte Blutbleiwerte beobachtet werden. Bei anderen, die die gleiche Tätigkeit ausüben, jedoch nicht.

Grenzwerte

Der nach der Europäischen Richtlinie RL 98/24/EG gültige, bindende EU-Arbeitsplatzgrenzwert von 150 μg Blei/m³ ist als ­maximale Obergrenze in der Luft am Arbeitsplatz zu betrachten. Wird ein Wert von 75 µg Blei/m³ überschritten, hat nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) eine Pflichtvorsorge zu erfolgen. Es besteht keine Korrelation zwischen Luftmesswerten und Wirkungsdaten, sodass nach deutschem Recht kein Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) abgeleitet werden kann. Der Biologische Grenzwert (BGW) für Blei von 150 μg/l ist die Konzentration an Blei im Blut, bei der die Gesundheit von Beschäftigten im Allgemeinen nicht beeinträchtigt wird. Dieser Wert gilt jedoch nicht für weibliche Beschäftigte im gebärfähigen Alter, da eine Gefährdung für das ungeborene Kind nicht ausgeschlossen werden kann. Daher dürfen werdende Mütter keinerlei Umgang mit bleihaltigen Gefahrstoffen haben.

Für die Überprüfung der in der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 505 „Blei“ geforderten Schutzmaßnahmen sind die oben genannten Grenzwerte in dieser TRGS als Ziel beschrieben. 

Gefährdungsbeurteilung

Grundsätzlich ist zu prüfen und zu dokumentieren, ob auf bleihaltige Arbeitsstoffe verzichtet werden kann. Gibt es keine geeigneten Alternativen, sind konkrete Schutzmaßnahmen nach der TRGS 505 im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festzulegen. Hierbei gilt das T-O-P-Prinzip (technische vor organisatorischen vor persönlichen Schutzmaßnahmen). Daneben gibt es Beschäftigungsbeschränkungen für Jugendliche sowie schwangere oder stillende Frauen.

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung kommt es zuerst darauf an, die Ist-Situation zu erfassen und darzustellen. Hier sollen Betriebsbereiche und Tätigkeiten mit Exposition sowie die vorhandenen Schutzmaßnahmen beschrieben werden. Bei der Ermittlung der konkreten aktuellen Exposition kann bei Bedarf der Messtechnische Dienst der VBG unterstützen. Außerdem sind die vorliegenden Erkenntnisse aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge – unter Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht – darzustellen. Die Kosten für diese arbeitsmedizinische Vorsorge können als Rechnung bei der VBG eingereicht werden (siehe Infokasten).

Keine Schwebstoffe am Arbeitsplatz 

Ein Mann und eine Frau in weißen Arbeitskitteln und Masken arbeiten an Bleiglasrahmen, die Frau saugt den entstehenden Staub ab.
Die Rahmen von mittelalterlicher Bleiverglasung werden von Farb- und Putzresten befreit.

Um die individuelle Belastung schrittweise zu senken und den biologischen Grenzwert einzuhalten, ist ein betriebsspezifisches, systematisches Vorgehen notwendig. In der Anlage 1 der TRGS 505 wird das Vorgehen zur Minimierung der Exposition beschrieben.

Die Arbeitsverfahren sind möglichst so zu gestalten, dass vor allem die Schwebstoffe nicht freigesetzt werden. Lässt sich das – zum Beispiel mit gekapselten Maschinen – nicht verhindern, müssen die Gefahrstoffe an der Austritts- oder Entstehungsstelle vollständig erfasst (abgesaugt) und anschließend ohne Gefahr für Mensch und Umwelt entsorgt werden. Zum Einsatz kommen hier Industriestaubsauger, Entstauber oder Kehrsaugmaschinen, die mindestens der Staubklasse M (Abscheidegrad > 99,9 Prozent) gemäß DIN EN 60335-2-69 entsprechen. Optimal sind Maschinen mit der Staubklasse H (Abscheidegrad > 99,995 Prozent). Die Sauger mit der Staubklasse M haben bei Versuchen einen höheren Absaugvolumenstrom gezeigt und durch die deutlich längeren Standzeiten der Filter bleiben der erzeugte Druck und die damit erzielte Absaugwirkung an der Erfassungsstelle länger erhalten. 

Reinigung

Eine Hand mit Drahtbürste schleift an einem Bleiglasrahmen, eine andere Hand hält den Staubsaugerschlauch, um den entstehenden Staub abzusaugen.
Beschäftigte, die mit Bei und Bleiverbindungen arbeiten, müssen speziell unterwiesen werden.

Arbeitsplätze, Umkleide-, Wasch- und Pausenräume sind mittels nasser Verfahren oder durch Absaugen mindestens einmal täglich zu reinigen. Ein Reinigungsplan ist zu erstellen. Das Abblasen oder Fegen ohne die Verwendung von staubbindenden Maßnahmen (zum Beispiel Kehrspäne, Anfeuchtung oder Ähnliches) ist verboten. Belastete und nicht belastete Bereiche von Umkleideräumen sind strikt nach dem Schwarz-Weiß-Prinzip zu trennen. Für die Reinigung der Spinde hat sich ein wöchentlicher Rhythmus mit feuchtem Tuch von außen und mindestens jährlich von innen bewährt. Das Betreten von Kantinen- und Pausenräumen mit bleibelasteter Kleidung oder bleibelasteten Schuhen kann durch den Wechsel oder das Absaugen der Arbeitskleidung, durch das Tragen sauberer Kittel und die Nutzung von Einweg­überziehschuhen verhindert werden.

Hygiene

Ein Industriestaubsauger.
Ein Staubsauger der Staubklasse H zum Reinigen der Arbeitsbereiche.

Die Erfahrung zeigt, dass Vorgaben zur persönlichen Hygiene und deren strikte Einhaltung größten Einfluss auf die Reduzierung der Blutbleibelastung haben. Für alle Beschäftigten, die in bleibelasteten Bereichen tätig sind, muss ausreichend saubere Arbeitskleidung für den täglichen Wechsel und bei Bedarf auch für weitere Wechsel wegen starker Verschmutzung bereitgestellt werden. Benutzte Arbeitskleidung ist in einem separaten Bereich für die Reinigung abzugeben und darf nicht mit nach Hause genommen werden. Jegliche Nahrungsaufnahme ist nur in den dafür vorgesehenen Bereichen mit sauberer Arbeitskleidung erlaubt, nachdem die Hände gewaschen und der Mund ausgespült wurden. Maßnahmen zur Mundhygiene (zum Beispiel Zähneputzen) haben sich ebenfalls bewährt. Kurzpausenräume mit zur Verfügung gestellten Hygienemitteln und Getränken können zum Waschen von Händen und Gesicht sowie zum Trinken genutzt werden.

Unterweisung

Tätigkeiten mit Blei und Bleiverbindungen dürfen nur von fachkundigen oder besonders unterwiesenen Personen ausgeführt werden. Die Beschäftigten müssen auf mögliche Gefahren aufmerksam gemacht und über die zu treffenden Schutzmaßnahmen eingehend unterrichtet werden. Die Unterweisung hat nach Bedarf, mindestens jedoch einmal jährlich, anhand von

Muster-Betriebsanweisungen im Word-Format für Tätigkeiten mit Blei und bleihaltigen Arbeitsstoffen finden Sie für die keramische und die Glas-Industrie unter: www.vbg.de/glaskeramik -> Betriebs­anweisung, Unterweisung und Praxishilfen.
Muster-Betriebsanweisungen im Word-Format für Tätigkeiten mit Blei und bleihaltigen Arbeitsstoffen finden Sie für die keramische und die Glas-Industrie unter: www.vbg.de/glaskeramik -> Betriebs­anweisung, Unterweisung und Praxishilfen.

Betriebsanweisungen zu erfolgen. Musterbetriebsanweisungen für die Glas- und Keramik­industrie finden Sie unter: www.vbg.de/glaskeramik -> Betriebsanweisungen. 

Ein wichtiger Teil der Unterweisung ist die allgemeine arbeitsmedizinisch-toxikologische Be­ra­tung. Hier sind Betriebsärzte beteiligt, die mit der arbeitsmedizinischen Vorsorge beauftragt sind. Diese erläutern die arbeitsmedizinische Vorsorge und insbesondere das Verfahren zur Bestimmung der Konzentration von Blei im Blut (Biomonitoring). In Abhängigkeit von Ergebnissen der arbeitsmedizinischen Vorsorge sind zusätzliche Unterweisungen durchzuführen.

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