Aus der Forschung – Silikose und Lungenkrebs

Neue Erkenntnisse aus der VBG-Langzeitstudie in der Porzellanindustrie

Jährlich entfällt rund ein Fünftel der in der Branche gemeldeten Verdachtsanzeigen für Berufskrankheiten auf Erkrankungen der Atemwege durch Quarzstaub oder Asbestfasern. Auch wenn die Expositionen in der Regel schon Jahrzehnte zurückliegen, ist Staub kein alter Hut. In einigen Arbeitsbereichen wird der geltende Grenzwert nach wie vor überschritten.

Hintergrund

Quarzfeinstaub am Arbeitsplatz erhöht nicht nur das Risiko für Silikose, sondern auch für Lungenkrebs. Aktuell wird angenommen, dass die Vermeidung einer Silikose zugleich das Lungenkrebsrisiko senkt. Unfallversicherungsträger sind gesetzlich verpflichtet, Forschungsprojekte zu Berufskrankheiten zu unterstützen. Im Rahmen einer epidemiologischen Studie in der Porzellanindustrie sollte daher ein Schwellenwert ermittelt werden, ab dem ein erhöhtes Risiko für Silikose und Lungenkrebs besteht.

Langzeitstudie

Staubvermeidung durch technische Absaugung

Zwischen 2005 und 2009 führte die Berufsgenossenschaft der keramischen und Glas­industrie gemeinsam mit einem internationalen Forschungs- und Beratungsunternehmen eine Studie mit rund 18.000 Beschäftigten aus über 100 Porzellan­betrieben durch. Grundlage waren arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen (G 1.1) aus den Jahren 1985 bis 1987. Die Beschäftigungsverläufe wurden rekonstruiert und eine Staubexposition aus über 8.000 Messdaten von 155 Betrieben zugeordnet. Es konnte für jede Person eine individuelle Exposition im Beschäftigungsverlauf bestimmt werden. Das Auftreten einer Silikose sowie der Vitalstatus (lebend/verstorben) wurden über 20 Jahre (bis Ende 2005) beobachtet. Dazu wurden Röntgenaufnahmen und amtliche Statistiken ausgewertet.

Grenzwert für Quarzstaub (TRGS 559 „Quarzhaltiger Staub“)

Für Quarz-A-Staub wurde 2015 in Deutschland ein Beurteilungsmaßstab von 0,05 mg/m³ veröffentlicht, der bei der Gefährdungsbeurteilung und zur Kontrolle der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen und einzuhalten ist.

Studien-Update

Der Beobachtungszeitraum der Studie wurde in einem Update im Jahr 2019 (um 15 Jahre bis Ende 2020) verlängert, um die Aussagekraft bezüglich Lungenkrebses und Silikose zu erhöhen. In Bezug auf Lungenkrebs ließ sich anhand des durchgeführten Updates kein erhöhtes Risiko durch Quarzfeinstaub für die Beschäftigten in der Porzellanindustrie nachweisen. Für das Auftreten einer Silikose konnte mit der Studie ein Schwellenwert ab einer Exposition von 0,1–0,15 mg/m³ Quarzfeinstaub ermittelt werden. Dadurch zeigt sich, dass das Risiko, an einer Sili­kose zu erkranken, mit dem geltenden Beurteilungsmaßstab – der die Hälfte beziehungsweise ein Drittel des ermittelten Schwellenwerts beträgt – wirksam reduziert werden kann. Als Beurteilungsmaßstab für Quarz (A-Staub) gilt laut Technischer Regel für Gefahrstoffe (TRGS 559 „Quarzhaltiger Staub“) ein Wert von 0,05 mg/m³. Der Beurteilungsmaßstab ist bei der Gefährdungsbeurteilung und zur Kontrolle der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen und zu unterschreiten.

Diese Erkenntnisse lassen sich auf andere Arbeitsbereiche mit Quarz-A-Staub-Exposition im Niedrigdosisbereich übertragen.

Danksagung

Wir bedanken uns bei allen an der Studie mitwirkenden Institutionen und Expertinnen und Experten, den betroffenen Landrats- und Gesundheitsämtern, dem Lenkungsgremium und wissenschaftlichen Beirat, EUROSIL, der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie, unserem Forschungspartner Ramboll sowie den Studienteilnehmenden.

Maßnahmen zum Staubschutz

Zuallererst gilt es, die Bildung von Staub am Arbeitsplatz zu verhindern. Nach dem Stand der Technik ist das Freiwerden von Staub in vielen Produktionsbereichen nicht vermeidbar. Deshalb muss eine möglichst vollständige Erfassung bereits an der Austritts- oder Entstehungsstelle erfolgen. Geeignete Absaugungen gibt es zum Beispiel bereits für Keramikpressen, für Absackanlagen pulverförmiger Stoffe oder für Werkzeuge und Anlagen zur Natursteinbearbeitung. Absaugungen müssen durch eine entsprechende Lüftungstechnik und durch eine ausreichende Belüftung der Arbeitsräume in ihrer Wirkung unterstützt werden.

Verschüttete, ausgetretene oder abgelagerte Stoffe, die zum Verstauben neigen, müssen sofort, zum Beispiel mit Staubsauger oder Scheuer­­saugmaschine, beseitigt werden. Besen oder gar Druckluft sind nicht geeignet und deshalb aus solchen Bereichen strikt zu verbannen!

Werden die Grenzwerte trotz Ausschöpfung aller technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen nicht eingehalten – zum Beispiel bei Wartungs- und Reparaturarbeiten –, sind personenbezogene Maßnahmen erforderlich, in der Regel das Tragen von Staubmasken. Als bessere Alternative bieten sich Gebläsehelme oder -hauben mit tragbarem Gebläsefiltergerät oder mit Druckluftversorgung an. Diese ermöglichen sicheres und belastungsarmes Arbeiten bei staubintensiven Tätigkeiten, zum Beispiel bei Wartungs- und Reinigungsarbeiten.

Prämienverfahren

Im Prämienkatalog für die Branche Glas und Keramik werden ab 2025 als technische Maßnahmen zur Staubminderung Scheuersaugmaschinen, abgesaugte handgeführte Maschinen sowie Vorabscheider für Entstauber unter bestimmten Voraussetzungen mit 40 Prozent der Investitions­summe von der VBG gefördert. Als besondere persönliche Schutzausrüstung wird die Anschaffung von Gebläsehelmen oder -hauben ebenso prämiert.

Prämienverfahren und Prämienkatalog Glasindustrie, Grobkeramik, Feinkeramik ab 2025

www.vbg.de/praemie

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