Klimaneutrale Glasherstellung – Wasserstoff: Chance und Herausforderung

Um eine CO₂-neutrale Glasfertigung zu ermöglichen, kann Wasserstoff als Brennstoff eine wichtige Lösung sein.

Diplom-Ingenieur Bernhard Fleischmann von der Hüttentechnischen Vereinigung der Deutschen Glasindustrie e. V. (HVG)
Diplom-Ingenieur Bernhard Fleischmann von der Hüttentechnischen Vereinigung der Deutschen Glasindustrie e. V. (HVG)

Auch in der Glasbranche ist neben dem Thema „Energieverfügbarkeit und Versorgungssicherheit“ das Erreichen der Klimaziele ein wesentlicher Antrieb für Neuerungen in der Prozesstechnik. Wasserstoff als Energieträger und -speicher soll dabei eine Schlüsselrolle übernehmen. Die Umstellung auf Wasserstoff bietet eine Möglichkeit, die Emissionen von derzeit jährlich 4,1 Millionen Tonnen CO₂ (Stand: 2021), die in Deutschland bei der Glasherstellung anfallen, zu reduzieren. VBG-Spezial sprach darüber mit Diplom-Ingenieur Bernhard Fleischmann von der Hüttentechnischen Vereinigung der Deutschen Glasindustrie e. V. (HVG). Er leitet dort das Projekt „Glas-CO₂“, das sich mit klimaneutraler Glasherstellung befasst.

Herr Fleischmann, warum wird Wasserstoff zur Erreichung der Klimaneutralität benötigt?

Da elektrische Energie aus erneuerbaren Quellen nicht konstant zur Verfügung steht, müssen die Versorgungslücken überbrückt werden. Für Indus­trie­prozesse sind Speicher mit hoher Energiedichte zur Speicherung großer Energiemengen über beliebig lange Zeit nötig. Wasserstoff als Brennstoff ist hier ein möglicher Lösungsweg.

Kann Wasserstoff auch als ­Brennstoffersatz für Erdgas dienen?

Obwohl sich die Eigenschaften beider Energieträger deutlich unterscheiden, haben Versuche gezeigt, dass Wasserstoff das Erdgas in vielen industriellen Schmelzöfen ersetzen kann.

Gibt es hierzu auch ­Untersuchungen für die Glasindustrie?

Ja, im Rahmen mehrerer Forschungsprojekte haben wir in Zusammenarbeit mit dem Gas- und Wärme-Institut Essen e. V. die Auswirkungen des Wasserstoffs auf die Verbrennung, die ­Abgas­zusammensetzung und die Emissionen, die Flammenstrahlung sowie die Glaseigenschaften untersucht. Die Projekte betrachten sowohl die Auswirkungen der Beimischung steigender Wasserstoffanteile im Erdgas als auch die ­Nutzung von reinem Wasserstoff als Brennstoff.

Zu welchen Ergebnissen sind Sie gekommen?

Sowohl die Zumischung von Wasserstoff als auch die Verbrennung von reinem Wasserstoff stellen bezüglich der Verbrennungstechnik lösbare Aufgaben dar. Einige Glasarten reagieren allerdings auf die veränderten Abgasrandbedingungen, zum Beispiel durch Farbveränderungen.

Kann man diesem Problem entgegenwirken?

Ja, indem die Verbrennungstechnik und die Rohstoff­mischung an die ­Eigenschaften des Wasserstoffs angepasst werden.

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