Die neue TRGS 600 – Schutzmaßnahme Nummer 1: Substitution

Bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ist zuerst die Substitution des Gefahrstoffes oder des Verfahrens zu prüfen. Sie hat das Ziel, die Gefährdung bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen einschließlich Wartungsarbeiten sowie Bedien- und Überwachungstätigkeiten zu beseitigen oder zu minimieren.

Die zwölf Jahre alte TRGS 600 „Substitution“ wurde aufgrund der Bezüge zur Gefahrstoffverordnung, der REACH- und CLP-Verordnung sowie aufgrund der aktualisierten TRGS 400 angepasst und im Juli 2020 veröffentlicht.

Ermittlung 

Substitutionsmöglichkeiten müssen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ermittelt werden, es sei denn, es liegt eine geringe Gefährdung nach TRGS 400 vor. Diese Prüfung ist bereits bei der Planung der Anwendung neuer Stoffe oder Verfahren durchzuführen. Die stoffspezifischen TRGS der 600er-Reihe (siehe Infokasten) und branchenspezifische oder tätigkeitsspezifische Hilfestellungen, zum Beispiel Empfehlungen Gefährdungsermittlung der Unfallversicherungsträger (EGUs), können als Musterlösungen angesehen werden und sind bei der Prüfung heranzuziehen. Informationen aus dem Sicherheitsdatenblatt (SDB) und Rückfragen bei Lieferanten und Herstellern nach einem weniger gefährlichen Stoff sowie weitere Informationen und Erfahrungen aus Netzwerken mit anderen Unternehmen können ebenfalls genutzt werden.

Leitkriterien 

  • Kommen mehrere Ersatzstoffe für eine Substi­tution infrage, sollten die folgenden Leitkrite­rien nach Nr. 4 der TRGS 600 herangezogen werden: 
  • Gesundheitsgefahren des Stoffes,
  • physikalisch-chemische Eigenschaften, 
  • Freisetzungspotenzial des Gefahrstoffs,
  • gegenteilige Effekte von inhalativer und dermaler Gefährdung: Eigenschaften, die zu einer erhöhten Freisetzung in der Luft führen, können die dermale Belastung verringern (zum Beispiel Verwendung eines Sprühlacks) und umgekehrt (zum Beispiel Anwendung einer Paste statt einer Flüssigkeit).

Beurteilung

Kann nicht auf die im ersten Absatz genannten Empfehlungen zur Beurteilung einer Substitu­tion zurückgegriffen werden, ist das Spaltenmodell nach Anlage 1 der TRGS 600 (oder das GHS-Spaltenmodell des IFA) anzuwenden. Das Spaltenmodell unterscheidet zwischen akuten Gesundheitsgefahren, die durch einmalige Einwirkung entstehen können, und chronischen Gesundheitsgefahren, die bei wiederholten Ein­wirkungen zum Beispiel bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden, keimzellmutagenen oder reproduktionstoxischen Gefahrstoffen (KMR-­Stoffen) entstehen können. Grundlage dieser Bewertung sind die toxiko­lo­gi­schen und physikalisch-chemischen Anga­ben des SDBs. Sind diese Angaben nicht ausreichend oder erscheinen nach einer Plausibilitätsprüfung fehlerhaft, sind die entsprechenden Eigenschaften als vorhanden anzunehmen. 

Kriterien für die Realisierung

Substitutionsmöglichkeiten, die in TRGS und Branchenregeln (Nummer 5.4 und Anhang 3) beschrieben sind, sind sowohl unter Betrachtung von technischen wie auch unter Betrachtung von gesundheitlichen, physikalisch-chemischen und ökonomischen Aspekten als geeignet anzusehen. Abwägungsgründe für den Einsatz von Ersatzlösungen können anhand von Anhang 3 der TRGS 600 geprüft und beurteilt werden. Weichen Unternehmen von diesen Empfehlungen ab, muss dies schriftlich begründet werden. Zu betrachten sind zum Beispiel Kosten für Lager und Transport, Energie, Forschung und Entwicklung, arbeitsmedizi­nische Vorsorge oder Ähnliches. 

Besonderheit KMR-Stoffe

Bei Tätigkeiten mit KMR-Stoffen der Kategorie 1A oder 1B müssen nach GefStoffV das Ergebnis der Substitutionsprüfung und weitere Informationen zur Tätigkeit den überwachenden Behörden auf Verlangen mitgeteilt werden.

Verfahrenstechnische Substitution 

Ist die Substitution durch weniger gefährliche Stoffe technisch nicht möglich und besteht eine erhöhte Gefährdung durch inhalative Exposition gegenüber diesen Gefahrstoffen, muss ein geschlossenes System (zum Beispiel Kapselung) verwendet werden! Ist das technisch nicht möglich, sind weitere Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Dokumentation

Die Dokumentation der Substitutionsprüfung sollte in der Gefährdungsbeurteilung oder auch im Gefahrstoffverzeichnis erfolgen. Werden Substitutionslösungen nicht umgesetzt, so ist dies zu begründen. Liegt lediglich eine geringe Gefährdung vor oder sind allgemeine Schutzmaßnahmen nach TRGS 500 ausreichend, so ist eine Dokumentation ausreichend. Die Unterlagen zur detaillierten Substitutionsprüfung können separat abgelegt werden.

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