Die Arbeitsmedizinische Regel 13.1 „Tätigkeiten mit extremer Hitzebelastung, die zu einer besonderen Gefährdung führen können“ liegt in neuer Fassung vor. Ob eine Pflichtvorsorge wegen Hitzebelastung notwendig ist, können Unternehmen jetzt in drei Schritten prüfen. Dafür wurden in der AMR detailliert Arbeitsplätze und Arbeitsverfahren aus der Branche Glas & Keramik neu aufgenommen.
Eine Wärmebelastung kombiniert mit Arbeitsschwere, der Bekleidung sowie die individuelle körperliche Verfassung beanspruchen den Körper. Wird der Entwärmungsmechanismus überfordert, kann es zu Gesundheitsschäden kommen. Um präventiv dagegenwirken zu können, wurde die Hitzebeanspruchung in die Arbeitsmedizinische Vorsorgeverordnung (ArbMedVV) als Pflichtvorsorge aufgenommen.
Grundsätzlich gilt: Üben Beschäftigte Tätigkeiten mit extremer Hitzebelastung aus, die zu einer besonderen Gefährdung führen können, müssen sie arbeitsmedizinisch überwacht werden. Die Kriterien für eine entsprechende Pflichtvorsorge wurden in der AMR 13.1 vom Ausschuss für Arbeitsmedizin (AfAMed) neu gefasst und im Februar 2021 bekannt gegeben.
Wichtigste Neuerung ist, dass der AfAMed großen Wert darauf gelegt hat, die zu erfassenden Kriterien für die Veranlassung von Pflichtvorsorge praxisgerecht zu vereinfachen. Dennoch weist er darauf hin, dass die zu berücksichtigenden Einflussfaktoren nach wie vor komplex seien. Deshalb sei es bei der Entscheidung für den Arbeitgeber ratsam, einen Betriebsarzt hinzuzuziehen.
Zu der Vereinfachung gehört es, dass die für den klimatischen Einfluss zu bestimmenden Parameter (Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftgeschwindigkeit und Wärmestrahlung) sowie die Arbeitsbekleidung, Arbeitsschwere und Arbeitsdauer nur noch qualitativ aufgeführt sind. Eine Größenbestimmung dieser Faktoren durch einen messtechnischen Dienst oder durch externe Fachleute ist nicht mehr notwendig. Daher ist auch die Beurteilung über Klimasummenmaße wie Normal-Effektivtemperatur (NET) und Bestrahlungsstärke weggefallen.
Die Prüfung, ob Pflichtvorsorge notwendig ist, kann jetzt in drei Schritten vorgenommen werden:
1. In der AMR sind detailliert Arbeitsplätze und Arbeitsverfahren mit entsprechender Gefährdung aus der Branche Glas/Keramik neu aufgenommen worden:
- Heißreparaturen an Thermoprozessanlagen (zum Beispiel Glaswannen, Kühlöfen, Biegeöfen, Keramiköfen) in der Glas- oder Keramikbranche;
- Wartung- und Instandhaltungsarbeiten in der Glasindustrie, zum Beispiel an Einlegern, Zwischenbühnen, Tropfenverteilern, Feedern oder Fertigformen, die noch nicht vollständig abgekühlt sind;
- Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten in der Keramikindustrie, zum Beispiel in Trockenkammern, auf Tunnelöfen in der Brennerzone, die noch nicht vollständig abgekühlt sind;
- Feuerwehrtätigkeiten, bei denen es zum Einsatz am Brandherd kommen kann.
2. Zwei Bereiche sind aufgeführt, die keine Pflichtvorsorge nach sich ziehen. Darunter fallen Büroarbeitsplätze und Tätigkeiten mit kurzzeitiger Wärmebelastung im Minutenbereich, wie beispielsweise bei Kontrollgängen oder Probennahmen. In diesen Fällen steigt die Körperkerntemperatur in der Regel nicht so stark an, dass sie zu einer Hitzeerkrankung führen könnte.
3. Die Kriterien „Lufttemperatur in Abhängigkeit der Beschäftigungsdauer“, „Luftfeuchte“ und „Wärmestrahlung auf unbedeckter Haut“ (früher Gesicht) sind unverändert gegenüber der alten AMR. Allerdings findet die Arbeitsschwere hier keine Berücksichtigung mehr.
In dem Kapitel „Arbeitsmedizinisch-physiologische Grundlagen“ ist der Hinweis, dass bei akuten Erkrankungen die Hitzetoleranz vermindert sein kann, nicht mehr vorhanden.
Fazit: Der Wegfall von Messungen zur Bestimmung des Klimasummenmaßes vereinfacht künftig die Entscheidung, ob Tätigkeiten mit extremer Hitzebelastung, die zu einer besonderen Gefährdung führen können, vorliegen. Dass die Arbeitsschwere keine Berücksichtigung mehr erfährt, erweitert den Personenkreis, für den Pflichtvorsorge veranlasst werden muss.