Bei Arbeiten an einer Absauganlage stürzte ein erfahrener Schlosser von einer selbst gebauten Trittkonstruktion und zog sich dabei mehrere Knochenbrüche zu.
Nach wie vor stellen Abstürze im betrieblichen Alltag eine der häufigsten Ursachen für Arbeitsunfälle dar. Etwa jeder dritte meldepflichtige Absturzunfall ereignet sich bei Arbeiten auf Leitern oder Tritten. Dabei ziehen sich die Betroffenen oft auch bei Stürzen aus geringeren Höhen schwerere Verletzungen zu.
So erging es einem Schlosser in einem Recycling-Unternehmen. Der 58-Jährige arbeitete am Tag des Unfalls in einer Sortierhalle, in der sich eine Abwurfbox für Folienreste befand. Über der Box befand sich in 3,20 Meter Höhe die Begehungsbühne einer Absauganlage. Unter dieser Bühne sollte ein Sieb montiert werden, um Folienreste abtrennen zu können. Zu diesem Zweck hatte der erfahrene Schlosser den Auftrag erhalten, mehrere Löcher von unten in die Begehungsbühne zu bohren.
Niedrige Fallhöhe – hohes Risiko
Ohne ersichtlichen Grund entschied sich der Mann, hierbei zu improvisieren, um in der nötigen Höhe unter der Absauganlage arbeiten zu können. Dafür nutzte er ein 50 Zentimeter langes Winkeleisen, das er in 1,40 Meter Höhe an die Längswand der Abwurfbox schweißte. Anschließend legte er eine 1,50 Meter lange und 20 Zentimeter breite Bohle mit dem einen Ende auf das Winkeleisen. Das andere Ende legte er auf der Schaufel eines Radladers ab, der vorübergehend in der Box abgestellt worden war. Als der Schlosser die schmale Bohle betrat, verlor er das Gleichgewicht und stürzte ab. Unmittelbar nach dem Sturz wurde der Mann von einem Ersthelfer am Unfallort versorgt. Außerdem wurde sofort ein Notarzt verständigt. Die medizinische Untersuchung im Krankenhaus ergab, dass sich der Mann bei dem Sturz mehrere Knochenbrüche zugezogen hatte. Durch den Unfall war der Beschäftigte anschließend mehrere Monate arbeitsunfähig.
Sichere Lösung ignoriert
Die Analyse des Unfalls ergab, dass dem Schlosser alle technischen Möglichkeiten zur Verfügung gestanden hätten, den notwendigen Arbeitsschritt sicher und weitestgehend risikolos durchzuführen. So hätte er für seine Bohrungen einen Hubsteiger nutzen können. Die mobile Arbeitsbühne befand sich nur wenige Meter entfernt. Das Gerät wäre für die Arbeiten geeignet und verfügbar gewesen. Damit hätte der Beschäftigte die Bohrungen ergonomisch günstig und ohne unnötiges Risiko ausführen können.
Risikobewusstsein schärfen
Unfälle wie diese zeigen, dass auch langjährige Berufserfahrung nicht automatisch vor riskanten Fehlentscheidungen schützt. Deshalb sollten Unternehmen im Rahmen von Unterweisungen zu spezifischen Absturzgefahren regelmäßig das Risikobewusstsein ihrer Beschäftigten schärfen. Diese sollten dabei verstärkt dafür sensibilisiert werden, dass auch Abstürze aus geringen Höhen gravierende Verletzungen zur Folge haben können. So erfolgt etwa die Hälfte aller tödlichen Absturzunfälle aus einer Höhe von weniger als fünf Metern.
Tipps vom VBG-Experten
Was sind die häufigsten Ursachen für Absturzunfälle?
Bei Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten sowie Umbaumaßnahmen besteht eine starke Versuchung, spontan improvisierte „Standflächen“ zu benutzen. Auf Tragkonstruktionen werden Bohlen gelegt oder Steine und Steinpakete werden zu „Aufstiegen“ zusammengestellt. An Stahlelemente der Umgebung werden tragende Winkel geschweißt für die Aufnahme von Platten oder Brettern. Auf diesen werden dann stehend Arbeiten mit geradezu artistischem Ehrgeiz ausgeführt.
Wie lassen sich solche Gefährdungen vermeiden?
Hier helfen eine gründliche Gefährdungsermittlung und weitsichtige Planung. Das Unternehmen muss geeignete Arbeitsmittel zur Verfügung stellen. Neben Leitern und Tritten können das fahrbare Gerüste, Kleingerüste und Arbeitsbühnen sein, aber auch Hubarbeitsbühnen.
Den Beschäftigten muss der sicherheitsgerechte Umgang mit diesen Arbeitshilfen vermittelt werden. Insbesondere muss kommuniziert werden, dass Arbeitsweisen mit Absturzgefahr im Unternehmen unter keinen Umständen toleriert werden – auch dann nicht, wenn sie vermeintlich schneller sind.