Manipulationen können tödlich enden

Ein Mitarbeiter wurde von einem Roboter gequetscht und verstarb noch an der Unfallstelle. Typische Fehler führen in den Teufelskreis der Manipulation.

In einem grobkeramischen Betrieb kommt eine robotergestützte Palettieranlage zum Einsatz. Die gebrannten Produkte werden vom Ofenwagen auf Palettenplätze gesetzt, von wo aus die fertigen Paletten dann automatisch aus dem Gefahrbereich befördert werden. Da es gelegentlich vorkommt, dass fehlerhafte Chargen von Hand nachsortiert werden müssen, gab es auch die Möglichkeit, alle Steine über ein Förderband aus dem Schutzbereich zu schleusen. Dieses Förderband führte im Bedarfsfall durch die Zugangstür der Roboterzelle. Der Hersteller hatte ein zusätzliches Zaunstück mitgeliefert, welches in diesem Fall den Zugang von Personen durch die verbleibende Restöffnung der Tür verhindern sollte. Um bei Abtransport mittels Förderband die Anlage wieder starten zu können, wurde der Endschalter an der Zugangstür manipuliert. Oft blieb das Band auch bei Nichtgebrauch in der Tür stehen, die Anlage funktionierte weiterhin, da der Endschalter manipuliert worden war.

Die Unfalluntersuchung ergab, dass durch den Mitarbeiter, unter Nutzung des nicht vorgesehenen Zugangsweges, Sortierarbeiten im Automatikbetrieb direkt an den Palettenplätzen durchgeführt wurden und er so vom Roboterarm erfasst werden konnte. Werden für verschiedene Arbeitsweisen besondere Schutzmaßnahmen benötigt, müssen diese in der Schutzwirkung gleichwertig sein. Diese verschiedenen Schutzmaßnahmen müssen wählbar sein und dürfen nicht durch Unwirksammachen einer Schutzwirkung (Endschalter manipulieren) erreicht werden.

Praxistaugliche Lösung 

  • Türendschalter mit Überbrückungsfunktion durch Schlüsselschalter 
  • Zweiteiliger Positionsschalter an einem losen Zaun­feld 
  • Zweiteiliger Positionsschalter (eventuell mit Kette) an beweglichem Förderband 
  • Die Überbrückungsfunktion wird nur wirksam, wenn das Förderband und das Zaunstück in Schutzstellung sind

Darüber hinaus sind zusätzliche Maßnahmen empfehlenswert, um eine solche Mani­pu­la­tion zu erschweren beziehungsweise zu verhindern:

  • Betätiger der Positionsschalter mit der Schutzeinrichtung unlösbar verbinden (Schwei-ßen, Nieten oder durch Verwendung von Einwegschrauben)
  • Verwendung codierter Betätiger
  • Verhinderung bestimmter (notwendiger) Automatikfunktionen, solange der Schlüsselschalter auf „Überbrücken“ steht

Was grundsätzlich nicht sein darf

  • Dass das Manipulieren von Schutzeinrichtungen für den reibungslosen Betrieb notwendig ist
  • Dass ein Schalter an der Maschine alle Schutzeinrichtungen überbrückt
  • Dass Schutzeinrichtungen im Einricht- oder Wartungsbetrieb oder bei der Fehler­suche zum Beispiel mit dem „Ersatzbetä­tiger“ am Schlüsselbund manipuliert werden 
  • Dass notwendige Schutzeinrichtungen nicht benutzt werden

Drei Fragen an den VBG-Arbeitsschutzexperten

Welche Rolle spielt Manipulation in der keramischen und Glasindustrie?

Allein in den letzten fünf Jahren ließ sich jährlich einer von vier bis fünf tödlichen Arbeitsunfällen auf die Manipulation oder das einfache Umgehen von Schutzeinrichtungen zurückführen, zuletzt im Frühjahr 2018.

Was sind die Gründe für Manipulation?

Schnelleres Arbeiten, Zeit- und Leistungsdruck sowie Arbeitserleichterung und Produktionssteigerung hat eine Expertengruppe der DGUV als Haupt­ursachen identifiziert. Schutz- und Sicherheitseinrichtungen werden oft als störend und behindernd empfunden. Diese Gründe finden wir bei
unseren Unfalluntersuchungen wieder. 

Was können Unternehmen tun, um Manipulation zu verhindern?

Das Wichtigste ist, dass Manipulation erkannt und hinterfragt wird, Maßnahmen zu deren Abhilfe geschaffen werden und sie nicht geduldet wird.

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