In einem betonverarbeitenden Betrieb wurde ein Mitarbeiter zwischen einer Kübelbahn und einem Übergabetrichter eingequetscht und dabei schwer verletzt.
Viele Arbeitsunfälle ließen sich vermeiden, wenn sich die beteiligten Personen an die vorgesehenen Arbeitsschritte für die jeweiligen Prozesse halten würden. Vor allem, wenn Schutzeinrichtungen an Maschinen umgangen werden, kann das zu gefährlichen Situationen und schweren Unfällen führen. So war es auch in einem Betrieb, der Bauteile aus Beton herstellt. Bei der Produktion wird der Beton über Kübelbahnen zu Übergabetrichtern transportiert. Diese Trichter müssen regelmäßig mit einem Hochdruckreiniger gewaschen oder mit Öl eingesprüht werden, damit Betonreste an der Trichterwand nicht aushärten. Der dafür übliche und sichere Arbeitsprozess sieht vor, dass die Trichter per Gabelstapler aus ihrer Position gehoben werden, um sie zur Waschstation zu fahren oder sie neben der Kübelbahn mit Öl einzusprühen. Ein Schutzschalter am Traggerüst sorgt dafür, dass die Fahrbewegung der Kübel am betroffenen Strang für den Vorgang unterbrochen wird.
ABWEICHEN VON SCHUTZMASSNAHMEN
Am Tag des Unfalls wurde im Betrieb ein Betonprodukt verarbeitet, das schnell anzieht, sodass der Übergabetrichter mehrfach pro Schicht gereinigt oder geölt werden musste. Hierfür wurde – abweichend vom festgelegten Prozess – nicht der Gabelstapler genutzt, sondern eine Leiter angelegt, um den Übergabetrichter zu ölen. Dadurch wurde der Schutzschalter nicht ausgelöst und der Betrieb der Kübelbahn nicht unterbrochen. Somit begab sich der Mitarbeiter in eine Gefahrensituation, als er auf die Leiter stieg und sich in circa fünf Meter Höhe über den Trichter beugte. Dort bemerkte er nicht, dass sich ihm von hinten ein Kübelwagen näherte, der von der Nachbarstation kam. Dieser quetschte den Beschäftigten an der Kante des Trichters ein, wobei er sich schwere Verletzungen zuzog. Erst nach 20 Minuten konnte der Mann von der Feuerwehr gerettet und in ein Krankenhaus gebracht werden.
Dass aus dem schweren Unfall kein tödlicher wurde, lag vor allem daran, dass die Kübelwagen automatisch abbremsen, bevor sie den Übergabetrichter erreichen und diesen dann langsam überfahren. Außerdem sind an der Anlage Sensoren verbaut, die bei Widerstand den Motor für die Fahrbewegung abschalten. Dieser Schutzvorrichtung ist es zu verdanken, dass der Mitarbeiter den gefährlichen Einsatz am Trichter überlebt hat.
Drei Fragen an die Expertin
Wie lassen sich solche Unfälle vermeiden?
Wenn Produkte und damit Arbeitsabläufe verändert werden, muss die Gefährdungsbeurteilung zum Arbeitsprozess überprüft werden. Veränderungen, die sich auf das Zusammenspiel und die Verfügbarkeit betrieblicher Ressourcen auswirken, zum Beispiel ein erhöhter Bedarf an Staplern und Fahrern, müssen abgestimmt werden, um unsichere Arbeitsweisen zu vermeiden.
Wie kann eine betriebliche Arbeitsschutzorganisation sicher und gesund gestaltet werden?
Eine betriebliche Präventionskultur ist der Schlüssel zu Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Sechs Handlungsfelder sind hierbei wichtig: Führung, Kommunikation, Beteiligung, Fehlerkultur, Betriebsklima und ein gemeinsames Grundverständnis über sichere und gesunde Arbeit.
Wie kann sich eine Präventionskultur im Unternehmen entwickeln? Welche Hilfsmittel stehen zur Verfügung?
Um zu vermeiden, dass gut gemeinte Vorhaben am Ende scheitern, ist zunächst eine Bestandsaufnahme notwendig. Hierfür empfehle ich unser praxisnahes Tool „Kurz-Analyse-Präventionskultur“ (KAP). Nach nur fünf Minuten ergibt die Auswertung, welche Bedeutung Sicherheit und Gesundheit im Unternehmen haben. Dabei lassen sich Themenschwerpunkte identifizieren, die anschließend mithilfe des „Kulturdialogs“ systematisch bearbeitet werden können.
